Die größten Irrtümer über Gips – Teil 1

1. Gips ist langweilig

Der Schein trügt. Vor allem, was die Anwendung betrifft. Ja, die chemischen Formeln der nur 4 relevanten Calciumsulfatphasen sind die einfachsten, die wir bei den Baustoffen finden. Die Reaktionsgleichungen sind sogar super einfach und bilden einen perfekten Kreislauf: Wasser wird bei Wärmezufuhr erst teilweise, dann vollständig abgegeben und bei Waserzugabe wieder vollständig aufgenommen. (naja, betrachtet man den gesamten Kreislauf der 4 Phasen, worauf die Literatur nicht ohne Grund meist verzichtet, um den geneigten Leser nicht zu verschrecken, ergibt sich gewissermaßen eine Hysterese. Der vollständig entwässerte, inzwischen umkristallisierte und einigermaßen stabile bzw. durch draufgeschaffte Lösungshemmungen meta-stabile Anhydrit II bewegt sich keineswegs wieder schrittweise Richtung Dihydrat, sondern macht Nägel mit Köpfen und nimmt gleich die volle Ladung Kristallwasser auf. Er nimmt nicht den Umweg über eine Rückkristallisation in den aus seiner Sicht verachtenswert instabilen Anhydrit III, um nochmals zum Halbhydrat zu werden. Aber was sind schon Details. Im Hinblick auf das Recycling von Gips sind die Kreisläufe zwischen Dihydrat und Halbhydrat und zwischen Dihydrat und Anhydrit II perfekt und praktisch nutzbar.)

Der vollständige Gipskreislauf [S. Nowak]

Gips ist also trickreich. Sein bester Trick besteht darin, chemisch so einfach daherzukommen und dann von allen Annahmen der Chemiker und Kristallographen abweichend nicht das zu machen, was von ihm erwartet wird.